Die Welt der Eisbären

Verhalten

A. Tägliche Aktivitäten

  1. Eisbären sind im ersten Drittel des Tages am aktivsten und im letzten Drittel am trägsten.
  2. In der kanadischen Arktis jagen erwachsene Eisbärenweibchen, welche Junge haben, über 19% ihrer Zeit, während des Frühlings, und über 38% ihrer Zeit während des Sommers. Männliche, erwachsene Eisbären jagen über 25% ihrer Zeit während des Frühlings und über 40% ihrer Zeit während des Sommers (Stirling, 1978).
  3. Wenn Eisbären nicht gerade jagen, verbringen sie ihre Zeit vor allem mit Ausruhen und Schlafen.
    a. An warmen Tagen strecken sich Eisbären gerne mal auf dem Boden oder Eis aus, manchmal sogar auf dem Rücken mit den Füssen in der Luft. Zum Ausruhen können sie sich auch vorübergehend mit Schnee bedecken oder in die Erde eingraben.
    b. An kalten Tagen rollen sich Eisbären zusammen und bedecken den Bereich der Schnauze. Während des Winters graben einige Eisbären temporäre Höhlen oder finden einen natürlichen Unterstand, um sich warm zu halten. Sie nützen diese Unterstände einige Monate hintereinander.

B. Gehen und Rennen

  1. Wie Menschen, gehen Eisbären auf den Fusssohlen. Sie berühren den Grund zuerst mit den Fersen. Wie andere Bären, können sie für kurze Zeit und Distanzen auf den Hinterbeinen stehen und aufrecht gehen.
  2. Im Allgemeinen haben Eisbären einen gleichmässigen, schwerfälligen Gang. Die vorderen Pfoten schwingen bei jedem Schritt hin und her und sie treten nur kurz auf. Der Kopf schwingt leicht von der einen zur anderen Seite. Eisbären gehen in einem “Vier-Takt” Muster: zuerst berührt der rechte Vorderfuss den Boden, dann der linke Hinterfuss, dann der linke Vorderfuss und zuletzt, der rechte Hinterfuss.
  3. Durch ihren umfangreichen Körperbau und den schwingenden Gang, müssen Eisbären doppelt so viel Energie aufwenden, als die meisten anderen Säugetiere, um sich mit einer bestimmten Geschwindigkeit fortzubewegen (Stirling, 1988).
  4. Die durchschnittliche Fortbewegungsgeschwindigkeit eines Eisbären beträgt 5.5 Stundenkilometer (3,4 Meilen pro Stunde) (Stirling, 1988).
  5. Wenn Eisbären verfolgt werden oder auf Beutejagd sind, können sie über kurze Distanzen eine Geschwindigkeit von bis zu 40 Stundenkilometern (25 Meilen pro Stunde) (Domico, 1988) erreichen.

C. Sozialstruktur

  1. Eisbären sind im allgemeinen Einzelgänger. Normalerweise existieren nur zwei verschiedene Arten des Zusammenlebens:
    (1) erwachsene Weibchen mit ihren Jungen und
    (2) Paare, die sich für die Paarung zusammenschliessen.
  2. Eisbären Ansammlungen
    a. Es gibt Ansammlungen von Eisbären, um an grossen Walkadavern zu fressen, sowie bei Abfalldeponien.
    b. In einigen südlichen Regionen wie der Hudson Bay, verbringen die Eisbären, während der eisfreien Sommer- und Herbstmonate einige Zeit auf Land.
  3. Hin und wieder wandern und fressen männliche erwachsene und heranwachsende Tiere (im Alter von 30 Monaten bis zu fünf oder sechs Jahren) für kurze Zeitabschnitte zusammen.

D. Sozialverhalten

  1. Die beständigste soziale Interaktion findet zwischen Müttern und ihren Jungen statt. Eisbärenmütter sind aufmerksam, berühren ihre Jungen häufig und pflegen deren Fell.
  2. Eisbären, welche sich zur Paarung zusammengeschlossen haben, bleiben eine Woche oder mehr zusammen und paaren sich mehrmals.
  3. Aggressives Verhalten tritt zwischen männlichen Eisbären vor allem während der Paarungszeit auf, oder wenn einer versucht, die erbeutete Nahrung eines Artgenossen zu stehlen.
  4. Spielerische Kämpfe sind bei heranwachsenden Jungtieren und erwachsenen männlichen Eisbären beobachtet worden.
  5. Junge Eisbären verfolgen und greifen ihre Geschwister spielerisch an.

E. Winterschlaf

  1. Winterschlaf bedeutet, den Winter in einem lethargischen oder schlafenden Zustand zu verbringen. Tiere, welche einen Winterschlaf halten, speichern ihr Körperfett dann, wenn reichlich Nahrung vorhanden ist. Wenn die Nahrung dann knapp wird, leben sie von ihrem gespeicherten Körperfett.
  2. Eisbären fallen nicht in einen tiefen Winterschlaf. Tiefer Winterschlaf trifft auf Tiere zu, deren Körpertemperaturen auf 5°C (41°F), während einer Periode von Tagen oder Wochen, abfällt. Ein tiefer Winterschlaf zeichnet sich auch durch ein Abfallen des Herzschlages aus, und durch ein langsames Aufwachen, wenn ein solches Tier gestört wird.
  3. Nur schwangere, weibliche Eisbären machen einen Winterschlaft.
    a. Eisbären sind keine Tiefschläfer, erreichen aber einen Zustand von Lethargie. Obwohl überwinternde Weibchen tief schlafen, erwachen sie rasch und leicht.
    b. Der Herzschlag eines weiblichen Eisbären verlangsamt sich von 46 Schlägen pro Minute auf etwa auf 27 Schläge pro Minute (Stirling, 1988).
    c. Beim Winterschlaf kann die Körpertemperatur eines Weibchens leicht auf 35°C (95°F) abfallen. Sie kann aber auch bei normalen 37°C (98.6°F) bleiben. Anders, als bei den meisten anderen Winterschläfern, gebären Eisbären während dieser Zeit. Eine hohe Körpertemperatur ist erforderlich, um den Anforderungen der Schwangerschaft, Geburt und Aufzucht gerecht zu werden (Stirling, 1988).
  4. Forscher haben herausgefunden, dass nicht überwinternde Eisbären in Zeiten von Nahrungsmittelknappheit ihre Energiereserven effizient nutzen können, ähnlich wie Artgenossen die ein Winerschlaf machen (Stirling, 1988).

F. Nachverfolgung (Tracking)

  1. Wissenschaftler verwenden Funkhalsbänder um Bewegungen der Eisbären nachzuverfolgen.
    a. Sobald ein Eisbär mit einem Funkhalsband ausgestattet ist, sendet dieses Signale zu einer empfangenden Station, via einem Satelliten. Die Wissenschaftler können diese Daten in ein Computerprogramm eingeben, welches den Pfad des Bären darstellt.
    b. Nur weibliche Eisbären können mit Funkhalsbändern versehen werden. Bei männlichen Exemplaren ist der Nacken dicker als der Kopf und die Halsbänder fallen einfach runter.
  2. Die Bewegungen der Eisbären können auch studiert werden, indem man ihren Spuren im Schnee folgt, dies geschieht normalerweise aus einem Flugzeug.
  3. Andere Verhaltensweisen werden aufgezeichnet, indem man die Eisbären direkt beobachtet oder Beweise für ihre Anwesenheit findet, wie zum Beispiel teilweise gefressene Seehunde.
  4. Die meisten Forschungen werden im Frühjahr oder Sommer durchgeführt, da die Wetterbedingungen zu diesen Zeiten für die Menschen vorteilhafter sind.

G. Angriffe auf Menschen

  1. Menschen können auf Eisbären treffen, wo sich die Lebensräume der beiden Spezies überschneiden. Angriffe durch Eisbären treten häufig in Gebieten menschlicher Ansiedlungen, wie Jagdlagern, Wetterstationen und Ortschaften auf. Verglichen mit anderen Bären, sind Eisbären eher bereit, Menschen als Beute zu betrachten. Infolgedessen wird die angegriffene Person normalerweise getötet, es sei denn der Eisbär wird zuerst getötet.
  2. Meistens greifen junge Eisbären oder Weibchen mit Jungtieren an. Sie sind auch die Hauptaasfresser (unter den Eisbären) bei menschlichen Mülldeponien. Beide Gruppen neigen dazu dünner und hungriger zu sein als ihre Artgenossen; junge Tiere sind unerfahrene Jäger und die Weibchen müssen sich und ihre Jungen ernähren.